Statement zur Auslegung des TPO-Verbots ab 1. September 2025

In den vergangenen Monaten haben wir über 250 Marktüberwachungsbehörden kontaktiert. Die Mehrzahl der Antworten (vor dem 07.08.2025) vertrat die Auffassung, das Verbot von TPO in Kosmetika richte sich ausschließlich an Inverkehrbringer und Bereitsteller, nicht an gewerbliche Anwender (z. B. Nagel- und Kosmetikstudios). Parallel hieß es auf Nachfrage bei der EU-Kommission, man bestätige oder dementiere die Auslegungen einzelner Mitgliedstaaten nicht.

Am 07.08.2025 hat die EU-Kommission im Q&A-Bereich eine Guideline veröffentlicht. Darin legt sie dar, dass mit Anwendung des TPO-Verbots ab 01.09.2025 „Inverkehrbringen“ und „Bereitstellung auf dem Markt“ untersagt sind – und dass die gewerbliche Anwendung im Salon als Bereitstellung zu verstehen ist. Eine Abverkaufs- oder Aufbrauchfrist für gewerbliche Kontexte wird nicht vorgesehen. Diese Guideline ist nicht rechtsverbindlich, wird aber europaweit als maßgebliche Vollzugshilfe herangezogen.

Damit stehen frühere Aussagen einzelner Behörden im Widerspruch zu der nun veröffentlichten Kommissions-Auslegung. Um endgültige Rechtssicherheit zu erreichen, müssten die Behörden ihre früheren Einschätzungen aktualisieren – oder es bedürfte einer gerichtlichen Klärung durch den EuGH. Bis dahin ist es aus Compliance-Sicht der sicherste und gebotene Weg, der EU-Guideline zu folgen.

LINK Europäische Kommission: TPO in Nail Products – Questions & Answers

Handlungsempfehlungen für Studios & Händler

  1. Ab 01.09.2025 keine TPO-Produkte mehr anwenden oder weitergeben – auch nicht unentgeltlich, auch nicht zur Schulung.

  2. Lager bereinigen & dokumentieren: TPO-haltige Produkte identifizieren, separieren, auslisten; interne Anweisung an Mitarbeitende.

  3. Lieferkette absichern: Lieferanten schriftlich um TPO-Freiheitsbestätigung bitten; Alternativformulierungen bevorraten.

  4. Kundenkommunikation vorbereiten: Termine/Services rechtzeitig umstellen; kurze Sachinfo bereitstellen.

  5. Behördenkontakt aktualisieren: Vorliegende Vor-07.08-Antworten höflich mit Verweis auf die EU-Guideline um aktualisierte Bestätigung bitten (Musteranschreiben und Argumentationshilfen für VETO Kunden:innen stehen zum Download bereit); Rückläufe dokumentieren.

  6. Unterlagen griffbereit halten: Rechtsakt (Amtsblatt) + EU-Q&A ausdrucken/ablegen; bei Kontrollen vorzeigen.

  7. Im Zweifel Rechtsrat einholen: Grenzfälle (Altbestände, Sonderfälle in der Lieferkette) anwaltlich prüfen lassen.

 

*Hinweis: Dieses Statement ersetzt keine Rechtsberatung. Maßgeblich ist der veröffentlichte Rechtsakt im Amtsblatt; die Q&A der EU-Kommission sind Guidance („Soft Law“), werden aber faktisch von Behörden zur Vollzugseinheitlichkeit herangezogen. Bis zu einer gegenteiligen höchstrichterlichen Entscheidung minimiert die Befolgung der EU-Guideline das Risiko von Beanstandungen.

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Übrigens sind sich die Bundesländer mittlerweile einig (Schreiben vom 26.08.2025):

Sehr geehrter Herr Troska,

die von Ihnen angefragte Ausnahmegenehmigung ist nicht möglich.

“Aufgrund Ihrer E-Mail-Anfragen bei diversen Überwachungsbehörden wurde die Thematik der Anwendung TPO-haltiger UV-Gele nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2025/877 auf Bundesebene diskutiert. Das Ergebnis der bundesweiten Abstimmung der Länder hat aufgrund Ihrer Anfragen einen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW (MLV) ausgelöst. Somit besteht keine Möglichkeit für eine Ausnahmegenehmigung nach EU-Recht. Alle Behörden in NRW wurden zudem angewiesen im Rahmen der amtlichen Kontrollen zu prüfen, ob Produkte mit TPO bei gewerblichen Anwendern nach dem Stichtag verwendet werden.
Da ich Ihnen den Erlass nicht zur Verfügung stellen kann, bitte ich bei weiteren Anfragen das MLV zu kontaktieren.

Landeshauptstadt Düsseldorf
Der Oberbürgermeister
Amt für Umwelt und Verbraucherschutz
Institut für Verbraucherschutz und Veterinärwesen”

Angefragt hatten wir jedoch keine Ausnahmegenehmigung (die wäre unter den gegebenen Umständen sowieso nicht realistisch):

“… unter Berücksichtigung des gebotenen Ermessensspielraums, der Verhältnismäßigkeit und einer risikobasierten Betrachtung – eine befristete Duldung der Anwendung rechtmäßig erworbener Restbestände durch Berufsanwender für einen begrenzten Übergangszeitraum in Betracht ziehen würden.” – und keine Ausnahmegenehmigung:

Wir möchten ausdrücklich betonen, dass es uns nicht um eine formelle Ausnahmegenehmigung im Sinne einer materiellen Abweichung vom EU-Recht geht, sondern lediglich um eine verhältnismäßige und sachgerechte Auslegung und Anwendung im Rahmen der behördlichen Vollzugspraxis, wie sie in vergleichbaren Fällen (z. B. bei Lagerware nach Rezepturverboten) in der Vergangenheit oftmals befristet zugelassen wurde.

Uns ist bewusst, dass das genannte Q&A-Dokument der EU-Kommission keine rechtsverbindliche Wirkung entfaltet, sondern als Auslegungshilfe dient. Die Entscheidung über Maßnahmen im Einzelfall obliegt weiterhin den zuständigen Behörden im Rahmen ihres Ermessensspielraums.

Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass die von der Kommission vertretene Auslegung, wonach auch die gewerbliche Anwendung in einem Nagelstudio als „Bereitstellung auf dem Markt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. h der Verordnung zu werten sei, aus unserer Sicht rechtlich nicht zwingend ist. Vielmehr sprechen Systematik und bisherige Rechtsprechung zum Begriff des „Inverkehrbringens“ dafür, zwischen dem erstmaligen Bereitstellen durch Hersteller, Händler oder Importeure einerseits und der endverbraucherähnlichen Nutzung durch gewerbliche Dienstleister andererseits zu unterscheiden.

Diese Einschätzung wird gestützt durch eine Bestätigung der Kommission vom 20.08.2025, in der es ausdrücklich heißt:

“The Commission cannot confirm or refute the interpretations expressed by national competent authorities. Enforcement of EU law lies with the Member States, and their authorities may provide guidance within their remit.“

Damit wird nochmals klargestellt, dass die konkrete Auslegung und Umsetzung in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt.

Wir wären Ihnen daher für eine kurze Rückmeldung (vorab gerne auch telefonisch) dankbar, ob Sie eine solche Duldung im Rahmen Ihrer Zuständigkeit für denkbar halten oder grundsätzlich ausschließen. Eine entsprechende Information ist für unsere interne Dokumentation sowie zur weiteren Kommunikation mit unseren Kund:innen von großer Bedeutung."

Im Laufe der kommenden Woche erwarten wir eine Stellungnahme des MLV, denn natürlich haken wir nach… .

Marc Troska August 28, 2025

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